@anon9505190 und @Nifty:
Gemeinerweise hat Threadstarter @stilo ja eigentlich 2 Fragen gestellt:
- die ‘explizite’ Frage am Ende des Posts:[quote=“stilo, post:1, topic:20293”]
Gibt es überhaupt jemanden, dessen FP2 tadellos funktioniert?
[/quote] - und die ‘implizite’ Frage des Threadtitels: “FP2 - ein schlechtes Produkt?”
Während die explizite Frage recht simpel beantwortet werden kann, ist die implizite Frage meiner Meinung deutlich komplexer (und unglücklich gewählt weil suggestiv, aber das ist bei Technikfrustration nachvollziehbar).
Kein Wunder, dass bei zwei verschiedenen Fragen dieser Thread etwas auseinanderläuft.
Zur expliziten Frage:
Mein FP2 funktioniert prima seit Beginn (außer der früh per automatischem Softwareupdate behobenen unzuverlässsigen Status LED). Von den 3 FP1 und dem FP2 im Bekanntenkreis habe ich bisher auch nichts Schlimmes gehört.
Zur impliziten Frage:
Es müssten wohl viele Parameter kombiniert werden, um diese Frage zu beantworten, beispielsweise:
- Features des Fairphone (technische Features und logistische Features)
- Größe des Unternehmens Fairphone
- Erfahrung des Fairphone Teams
- tatsächliche Auswirkungen der Besonderheiten des Fairphones entlang der gesamten Herstellungskette (Bergarbeiter, Monteure, Fairphonemitarbeiter, Lieferanten, Endkunden, Entsorger…)
- Fehlerquoten der Hard- und Software
- Preis des Fairphone
Daraus könnten dann verschiedene Fragestellungen abgeleitet werden. (hier beispielsweise angelehnt an [quote=“paulakreuzer, post:16, topic:20293”]
Jedes Monat das Fairphone für Tests gebraucht hätte wäre ein Monat länger zu warten für Kunden die vorbestellt und gezahlt haben.
[/quote])
Beispielsweise - wie viel Anteil meines eigenen Gehalts/Erbschaft/Bafög/Lottogewinn ist es mir wert, dass die Wege von 4 Konfliktmineralen betrachtet werden und dass ein Prototyp meines Gerätes von einem kleinen Team für 4 Wochen so getestet wird, dass es mit 80% Wahrscheinlichkeit 2 Jahre für meine Zwecke ausfallsicher funktioniert? Wie viel mehr Geld würde ich ausgeben, wenn es auf 95% Ausfallwahrscheinlichkeit getestet werden soll?
Oder weiter: Wie viel Geld sollen die Mitarbeiter von Fairphone meiner Meinung nach verdienen, wie viel Zusatzausgaben wäre mir das wert? Wie viel ist mir ein Fond für die Monteure in China wert? Wie viel ist mir die Austauschbarkeit des OS wert?
Vor Fairphone war die Bewertung eines technischen Geräts sehr einfach: Preis und technische Features vergleichen, fertig.
Meiner Meinung nach ist das durch Fairphone nicht mehr so einfach, u.a. weil uns die Firma hoffentlich an unsere Verantwortung gegenüber Gesellschaft und Umwelt erinnert.
Wenn in Westeuropa ein Student ein paar mal seltener im Jahr seine Familie oder Freunde sehen kann oder gar nicht in den Urlaub fahren kann, weil das Fairphone so viel Geld gekostet hat und vielleicht ein teures Hardwareteil noch ausgetauscht werden muss, dann ist das unangenehm. Am anderen Ende der Nahrungskette, bei den Bergarbeitern und Monteueren, stellen sich solche Fragen aber nicht, da geht es u.U. gleich mal um Lebenszeit oder überhaupt Leben und Tod. Nur weil diese Zusammenhänge von unseren Sofas aus so hübsch unsichtbar sind, bedeutet das noch lange nicht, dass sie sich nicht genau so darstellen.
Wer mit Fairphone nicht zufrieden ist, der hat folgende Möglichkeiten (u.a. beeinflusst von den eigenen moralischen Vorstellungen)
- trotzdem weiter bei Fairphone bleiben (konstruktiv oder schimpfend)
- auf Smartphones verzichten
- zu einem der bekannten anderen Anbieter gehen
- selber ein Konkurrenzunternehmen zu Fairphone hochziehen und alles besser machen - hoppla, plötzlich wird die Luft aber dünn bei so viel Verantwortung
Ich hoffe inständig, dass möglichst viele, die ein Fairphone haben oder mit dem Gedanken spielen, sich eines zu kaufen, Durchhaltevermögen haben, wenn es darauf ankommt.
Schlechte Lebensbedingungen, Umweltzerstörung, Fundamentalismus, Flüchtlingsströme, …das hängt alles zusammen. Polizei und Panzer scheinen diese Dinge nicht lösen zu können. Vielleicht ja Initiativen wie Fairphone.
Klingt vielleicht etwas melodramatisch, ist meiner Meinung nach aber der Kontext, in dem wir uns bewegen.
Wie es @roboe im Thread Leaving a movement geschrieben hat:
it really is a big thing