🇩🇪 FP1-Rückkaufprogramm: Sind 130€ zu wenig?

Grundsätzlich verstehe ich das Problem nicht wirklich. Dein Telefon hat einen Defekt und der Hersteller bietet an das Gerät unter Gewährleistung zu reparieren. Das sind seine gesetzlichen Verpflichtungen, klar; aber damit wäre ja auch der Defekt gelöst. Darüberhinaus bietet der Hersteller auch an, bei einem Neukauf und Rückgabe des alten Gerätes einen Rabatt zu geben, was über die gesetzlichen Verpflichtungen hinaus geht.
Warum das nicht außerhalb des Gewährleistungszeitrahmen geschieht weiß ich nicht, aber ich denke mal, dass a) der Werteverfall eines Gerätes noch größer wird über die Zeit; b) Man Kunden an das neuere Telefon heranführen möchte, welches die Werte und ursprünglichen Versprechen des Unternehmens besser erfüllen kann; c) Man FP1 zurück haben möchte um Ersatzteile auf Lager zu haben, wahrscheinlich auch für andere Gewährleistungsfälle, und daher einfach jetzt Ersatzteile braucht, und nicht in ein paar Jahren.

Nachdem ich auch FP1 Besitzer war und das Telefon nachwievor in der Familie im Einsatz ist, kann ich absolut nachempfinden dass es etwas frustrierend ist dass Fairphone nicht alle Versprechen - vor allem in Bezug auf Nachhaltigkeit - einlösen konnte. Zugleich finde ich aber, man konnte (wenn auch nur zäh und langsam) doch kommunizieren, was die Ursachen dafür waren. Und persönlich kann ich verstehen dass es nicht so einfach war die Versprechen zu halten die man gegeben hat. Wie gesagt, es war ihr erstes Telefon und sie haben sicher viel daraus gelernt. Dennoch sehe ich auch wie sehr man sich bemüht so gut es geht FP1s am Leben zu halten, etwa daran dass man bemüht ist noch mal einen Software-Update zu machen, oder mit der Rücknahmeaktion der FP1 um so viele Geräte wie möglich reparieren und Teile wiederverwenden zu können.

Und dann muss ich auch @Dosc noch zustimmen für seinen guten Einwurf oben. Fairphone ist eben nicht nur ein Telefon, sondern auch der Versuch die Produktionsprozesse und Arbeitsbedingungen aufzuzeigen, wenn man so will ein Bildungsprojekt in sich. Aus dieser Perspektive finde ich, eignet sich selbst das Scheitern einiger Versprechen um die hinter dem Projekt stehende Idee fortzuführen: Es gibt in der Industrie kaum Interesse an langlebigen Produkten. Sei es von Softwareseite (irgendwann gibt es keine Updates mehr für das OS weil a. Google nicht mehr weitermacht und b. der Chiphersteller die Treiber nicht mehr an neue OS Versionen anpasst), oder von Hardwareseite (weil sich keine Hersteller finden die Interesse daran haben in kleinen Stückmengen zu produzieren um ein Gerät am Laufen zu halten).
Persönlich denke ich, dass diese Probleme eine interessante und gute Gelegenheit bietet auch weitere Probleme in der Produktionskette von Elektrogeräten aufzuzeigen, die man als man mit dem FP1 begann noch gar nicht so absehen konnte. Ähnliches scheint sich ja auch mit dem FP2 zu wiederholen, wo es zu befürchten gibt dass Google keine OS Version 7 genehmigen würde, weil der SoC Hersteller keinen Treiber mehr für die GPU nachlegen will (nachzulesen hier). Da wird man aber erst sehen müssen, wie sich das entwickelt. Zumindest könnte es möglich sein ohne Google Services das OS upzugraden.

Zusammenfassend:
Persönlich verstehe ich das Problem nicht ganz, da man anbietet das Gerät zu reparieren oder einen Rabatt bei einem Neukauf zu geben, womit man im Rahmen der Möglichkeiten das Beste rausholen möchte um FP1s am Leben zu halten. Es ist natürlich schade dass sich das FP1 nicht als so langlebig entpuppt hat wie wir alle gehofft haben, aber nicht vorhergesehen äußere Umstände haben eben dazu geführt. Man versucht das beste daraus zu machen, und hat auch die lessons learnt ins FP2 eingearbeitet. Die ganzen Probleme wurden dennoch (halb-)transparent gemacht und den Kunden erklärt. Die ganze Geschichte bietet sich meiner Meinung nach wunderbar an um über weitere, vorher unberücksichtigte Probleme in der Produktkette von Mobiltelefonen zu diskutieren, allen voran über die Dominanz von Google, den SoC Herstellern, und deren Interesse an langlebigen Produkten, sowie des Themas Obsoleszenz im Generellen.
Auch wenn ich verstehe dass es frustrierend sein kann dass das FP1 nicht alle Versprechen einlöst, so sehe ich auch die Gründe dafür nachvollziehbar, und bin persönlich der Meinung lieber meinen Beitrag zu geben - vor allem darin diese Probleme zu kommunizieren und öffentlich zu diskutieren - anstatt frustriert de, Projekt den Rücken zu kehren.

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